17.06.2021

Donnerstag morgen, nach einem völlig chaotischen Mittwoch, erwarten wir einen weiteren Ansturm von Notrufen, die Hitze treibt scheinbar viele kleine Hörnchen aus ihren Kobeln unter Hausdächern, es stellt sich jetzt wohl heraus, dass ihre Unterkünfte nicht für solche Temperaturen geeignet sind. Aus Lüdenscheid kam gestern ein Hilferuf, dass ein kompletter Kobel mit 4 Kleinen den ganzen Tag von der Mutter nicht aufgesucht wurde – sie hatte während der Abwesenheit der menschlichen Bewohner auf dem Balkon in einer Kramkiste einen Kobel gebaut und dort ihren Nachwuchs zur Welt gebracht. Die Gastgeber ließen die Hörnchen dort und beobachten das Treiben gut, und gestern eben war die Mutter den ganzen Tag nicht zu sehen. Als wir gegen 21 Uhr bereit waren, die vermeintlichen Waisen aufzunehmen, erschien sie dann doch, gegen jede Lehrmeinung, Gott sei Dank.


Zwei Notrufe hatten wir, die uns zwei Gäste beschert haben: Puschel aus Unna, der auf einer Baustelle gefunden wurde und scheinbar nicht laufen kann, obwohl er die Beine bewegen und die Füße zusammenkrallen kann. Er ist übersät mit Zecken, 13 haben wir schon entfernt, alle in Augen- und Mundnähe, aber es scheinen täglich neue anzudocken und zu saugen. Puschel ist propper, hat noch dichtes Unterfell, ein Eichkater mit stabilem Körper und großem runden Kopf, aber er weigert sich tatsächlich, auch nur ein paar Zentimeter zu gehen. Da muss wohl ein/e TA/TÄ mal schauen. Ansonsten wäre geplant, ihn zu seiner Baustelle zurück zu bringen, aber das ist im Moment noch weit weg…
Und Linn aus Werl ist angekommen, die Finderinnen konnten ihr beim Sturz vom Giebel eines Hauses zusehen, nur wenige Zentimeter vom rettenden First entfernt. Das braucht kein Mensch…jedenfalls hat Linn den Sturz einigermaßen überstanden, eine dicke Blutkruste an der Nase, leider ist auch der eine untere Schneidezahn abgebrochen. Ansonsten ist sie fit, nur wenige Krabbler, offenbar keine Zecken, passt im Alter fast zu Heinz, die oberen Schneidezähne sind fast durch, der eine zeigt sich schon ein wenig. Ein freundliches Wesen, hat Spritze und Sauger sofort kapiert, bekommt im Moment noch Elos, im Laufe des Vormittags, wenn wir mal ein paar Köttel gesehen haben, stellen wir um auf Milch.


Apropos Heinz: der scheint sich mit Triesel jetzt besser zu verstehen, man kann Heinz aber auch beim Wachsen und bei der motorischen Entwicklung zusehen, er gibt alles, um mit Triesel mithalten zu können, und muss sie nicht mehr anfauchen, wenn sie in seine Nähe kommt. Toll, so war es geplant. Wenn jetzt noch Linn dazu käme…aber erst einmal ist sie in Quarantäne. Triesel und Heinz suchen sich jetzt ihre Schlafplätze selbst, Heinz wehrt sich vehement gegen die Urinstimulation, beide nehmen aber noch gern Milch, ansonsten werden sie selbständiger, und genau so soll es sein.


Im WiWa-Gehege ist alles unverändert, gestern Abend bei einem späten Besuch waren Krick und Polli völlig erstarrt und suchten das Weite, als sie uns sahen. Die Außenfutterstationen werden nach wie vor gut angenommen, wir füttern so langsam etwas weniger, damit sich unsere wilden Hörnchen einen anderen Platz im Wald suchen. Das Hörnchentreiben rund um unser Gehege scheint auch Greifvögel anzuziehen, gestern Abend ließ sich einer auf einem Baum ganz in der Nähe nieder, dort haben wir in den letzten Jahren noch nie einen gesehen, aber mit den schwindenden Lebensräumen für ihre Futtertiere müssen sich wohl auch die Jäger näher an den Menschen herantrauen. Imposante Tiere – wenn sie nicht gerade Eichhörnchen fressen würden…

16.06.2021

36 Stunden später ist die Lage im Wohnzimmer ruhig, Triesel und Heinz machen beide ihr Ding, Triesel lässt Heinz einigermaßen in Ruhe, jedes Mal, wenn sie in seine Nähe kommt, faucht er sie an. Leider sind beide dadurch ziemlich allein, das sollte so nicht sein, vor allem der kleine Heinz sollte Triesel nacheifern und mitgezogen werden, damit er bald mit ihr ins Außengehege kann.
In den WiWa haben wir es Montag aus beruflichen Gründen nicht mehr geschafft.

Einen Nachtrag zum vergangenen Donnerstag (10.06.) hätten wir noch: wir hatten das Treffen mit Mira und ihrer Familie, wo es um ihr Schulprojekt ging, und Mira hat sich mit einem Gedicht (und einer Spende und Hörnchenfutter) bedankt. Wir haben uns darüber unheimlich gefreut, es ist das erste Mal, dass jemand für uns dichtet und uns gefällt das Gedicht auch richtig gut, und mit Erlaubnis möchten wir es hier veröffentlichen.

Eichhörnchen

Ein Kletterer im hohen Gipfel
Wer springt da im Baum, im Wipfel?
Ein Blick hinauf, ein kleiner Puschel,
ist das nicht ein roter Wuschel?

Ein Eichhörnchen springt von Ast zu Ast
durch die Blätter ohne Rast.
Plötzlich bleibt es still hocken,
kann ich es mit einer Nuss wohl locken?

Doch es macht kehrt und springt herunter,
wird da nicht ein Zweites munter?
Zwei Eichhörnchen jagen um den Stamm,
ob das eine das andere fangen kann?

Mira S.

Toll, oder?

Noch ein kurzes update am 16.06. morgens, die Tage sind einfach zu kurz: wir hatten noch am Dienstag den einen oder anderen Notfall, u.a. ein Geschwisterpaar aus Unna-Massen, mit dem wir gestern Abend und heute Morgen eine Rückführung versucht haben – leider vergeblich, jetzt suchen wir eine Pflegestelle. Und ein Geschwister von unserem Heinz aus dem Weidenweg in Unna war heute kurz hilflos auf einem Balkon, als es uns aber sah, wurde es recht flott, wir konnten es nicht fangen und haben es dann notgedrungen laufen lassen. Im WiWa gestern Abend war die Situation unverändert, unsere 5 Insassen sind nach wie vor panisch unterwegs, machen aber einen körperlich gesunden und fitten Eindruck.

Per Telefon konnten wir noch einige Hilfestellungen geben, es sieht so aus, als ob die Hitze jetzt doch wieder einige Hörnchen aus ihrem Kobel treibt, insbesondere die, die unter einem Hausdach geboren wurden und wo es jetzt unerträglich heiß wird.

14.06.2021

Nach einem ereignisreichen Wochenende hier erst einmal eine Kurzfassung: nachdem wir Polli und Co. Mittwoch in den WiWa gebracht hatten, wollten wir einen privaten Besuch in der Pfalz machen, es hat sich dann ergeben, dass wir Triesel und Heinz noch bei uns hatten, also haben wir sie kurzentschlossen einfach mitgenommen. Das hat super geklappt, die beiden waren völlig pflegeleicht und haben sich gut benommen, auf Hin- und Rückfahrt haben sie tief und fest geratzt, nach der Ankunft jeweils haben sie sich tüchtig gestreckt, kräftig gegähnt und und sich dann für ihre Umgebung interessiert. Nach der Rückkehr haben wir das Wohnzimmer für sie hergerichtet, dort finden sie sich jetzt langsam zurecht.

Im WiWa haben wir Freitag noch Futter fürs Gehege und die Außenstationen nachgelegt, die 5 im Gehege sind aber nach wie vor völlig durch den Wind. Am Sonntag Abend, nach der Rückkehr aus der Pfalz, sind wir dann hingefahren und es war kein Hörnchen im Gehege zu sehen. Sicher – es war warm und den Tag über eine Menge Trubel dort, aber am frühen Abend bei angenehmen 21 Grad und einer leichten Brise so gar keine Hörnchenaktivität? Und gefressen haben sie auch nicht sooo viel seit Freitag…wir beschließen, am Montag früh zu schauen und, wenn wir sie dann wieder nicht sehen, die Schlafkobel zu öffnen (die Häuschen scheinen sie nicht mehr zu nutzen, die sind alle leer). Gesagt, getan, Montag früh um halb fünf raus aus den Federn und ab in den WiWa – und da sehen wir alle fünf im Gehege herumturnen, und sie sehen alle normal aus, keine dürren Gerippe, alle bewegen sich, aber so wie sie uns wahrnehmen verziehen sie sich auch wieder, teilweise mit viel Gefauche. Da ist aber einiges an Vertrauen verloren gegangen mit dem Umzug ins Gehege; selbst Tara und Paul, die uns total nahe standen, als sie noch bei uns waren, scheinen richtig Angst vor uns zu haben.

Im Umfeld um die Gehege sind immer noch einige unserer ehemaligen Pfleglinge unterwegs, heute morgen rennt uns noch Luisao über den Weg, Luisa kommt aus der Außenfutterstation, sie ringen noch um ihren Weg in den Wald.
Heinz und Triesel finden noch nicht so recht zusammen, Triesel ist ziemlich grob zu dem Kleinen, vielleicht sind sie alters- und entwicklungstechnisch zu weit auseinander. Das macht die Situation kompliziert, wir können sie so ja kaum allein lassen. Im Moment fehlt die zündende Idee…

10.06.2021 – abends

Heinzens Rückführversuche sind leider alle gescheitert, seine Mutter ist nicht zu finden. Damit wird er wohl erst einmal bei uns bleiben. Nachmittags sind wir im WiWa und treffen uns dort mit Mira, die uns für eine Schularbeit Löcher in den Bauch fragt. Währenddessen kommt Moritz ganz ungeniert zum Gehege und lässt sich außerhalb der Futterstation versorgen, Mira kann aus nächster Nähe Fotos machen, überhaupt sind wieder einige aus der 7er-Gruppe unterwegs, Luisao und Luigi haben wir auf jeden Fall erkannt. Dafür sind unsere WiWa-Neuzugänge immer noch sehr reserviert, lediglich Paul und für ein paar Minuten auch Malbec zeigen sich, wollen aber keinen Kontakt. Das Gespräch macht uns Spaß, hoffentlich hat Mira genug Material für ihre Arbeit bekommen.
Wir belegen noch die Außenfutterstationen, die natürlich wieder ratzekahl leer sind, dann gehts heim, wir wollen schließlich noch Triesel (wenn wir gewusst hätten, dass sie noch länger bei uns bleibt, hätten wir sicher einen anderen Namen gewählt) und Heinz miteinander bekannt machen. Das geht leider gründlich schief, Triesel ist nicht amused und zeigt dem deutlich kleineren Heinz, wer Chefin im Ring ist…der Bub wird unsicher und dann auch müde und schläft schnell ein, er hat erst einmal genug von der neuen Bekanntschaft. Beide bleiben in ihren Schlafgelegenheiten, Heinz in der Tragebox und Triesel im Laufstall, morgen gehts weiter, aber leider mit deutlich weniger Optimismus. Schade, das hätte alles ganz einfach gemacht, jetzt müssen wir vielleicht neu planen.

10.06.2021

Noch Mittwoch, 09.06., nachmittags: daheim verblüfft uns Triesel mit einem rasanten Genesungsverlauf, die Kopfschiefhaltung ist fast weg, sie ist voller Tatendrang und scheinbar fit wie ein Turnschuh. Zur besten Kaffeezeit erreicht uns ein Notruf direkt aus der Nachbarschaft, ein Hörnchen, das offenbar Hilfe sucht, wir haben mal einen Notfall, den wir fußläufig erreichen können. Heinz ist ein kleiner Eichkater, ungefähr 5 Wochen alt, leicht panisch unterwegs und völlig erschöpft, versucht noch mit letzter Kraft zu entwischen und schläft dann sofort auf der Hand seines Fängers ein. Offensichtlich hat er seine Mutter verloren, sichtbare Verletzungen hat er keine, ein paar Flöhe, die oberen Schneidezähne sind noch nicht durch, das ist ein Kandidat für eine Rückführung, die aber leider nicht sofort gelingt, wir beschließen, es am nächsten Morgen noch einmal zu versuchen. Bei uns angekommen lassen wir den Kleinen erst einmal schlafen, später bekommt er Elos, die er gierig trinkt, Spritze und Sauger sind gar kein Problem, wir sammeln ein paar Krabbler ab und untersuchen ihn genauer.

Am Mittwoch Abend ist die Lage im Gehege noch gemischt, die fünf sind mit der Gesamtsituation unzufrieden, lediglich Paul lässt sich locken und zeigt sich. Leider gabs, als wir das Gehege für weitere Mäusebekämpfung und Futternachschub betraten, einen kleinen Zwischenfall: Moritz, der kleine Schlingel, nutzte die Sekunden, in denen die Schleuse aufstand, um ins Gehege zu flutschen und enterte sofort den Futterplatz. Wir erschraken ziemlich und in dem Tohuwabohu erschrak sich Krick, der die innere Futterbox für sich als Aufenthaltsort ausgesucht hatte und zischte in Panik quer durchs Gehege, sämtliche Haare standen zu Berge…sofern das überhaupt möglich war, denn er und Polli hatten sich ein Schlafhäuschen ausgesucht, in dem von unserer „Parasiten-Säuberungsaktion“ nach Lovelys Weggang noch mit Kokosöl getränkte Tücher lagen, und sowohl sein als auch Pollis Fell glänzen wie eine Speckschwarte.
Für Moritz schien es völlig selbstverständlich zu sein, in aller Seelenruhe das Buffet zu plündern und er ließ sich auch durch unsere Versuche, ihn hinauszukomplimentieren, nicht davon abhalten. Also wurde er gegriffen und hinausbefördert, erstaunlicherweise ließ er das zu, meckerte zwar ein wenig, biß aber nicht und landete dann auch letzten Endes wieder vor der Tür, wo ein Wildtier hingehört. Leider war damit die Stimmung im Gehege auch nicht besser geworden, immerhin ließ sich Krick noch überreden, ein Stück Marone anzunehmen, die anderen blieben aber, wo sie waren, nämlich in Sicherheit. Rund ums Gehege herrschte Betriebssamkeit, einige ehemalige Bewohner suchten noch einen späten Snack, man ließ sich auch durch uns nicht stören, im Moment gibts also reichlich Hörnchen dort zu sehen.
Donnerstag früh (10.06.) versuchen wir mit Heinz noch einmal eine Rückführung, leider ohne Erfolg, am späten Vormittag wollen wir es noch einmal versuchen. Falls das nicht klappt wird Heinz Triesel kennenlernen und dann evtl. mit ihr in zwei Wochen ins Gehege gehen, bis dahin haben wir hoffentlich Polli und evtl. Tara und Paul so weit, dass sie in den Wald können. So der Plan…

09.06.2021

Der Umzug hat geklappt, zwar nicht im ersten Anlauf, aber um 8 Uhr waren alle 5 im Gehege. Paul, der kleine Schlingel, hat sich beharrlich geweigert, überhaupt nur eine Minute in einem der 3 Häuschen zu schlafen. Als wir um halb vier morgens nach fast schlafloser Nacht im Wohnzimmer aufstanden, um die Kandidaten in ihren Domizilen festzusetzen, schaute Paul ganz verdutzt…und wir hatten nur vier von fünf. Die waren dann aber um halb fünf im WiWa, Polli kam sofort aus ihrer Hütte herausgeschossen, aber nur, um dann ängstlich in einer Ecke des Geheges zu hängen und auf den Weltuntergang zu warten. Wir sind dann wieder zurückgefahren, um Triesel zu versorgen und Paul zu holen, der zunächst seeeehr mißtrauisch war, nach einigen Minuten dann aber wieder zu uns kam, Leckerlis nahm und mit uns tobte. Irgendwann dann wollte er in Steffis Jackentasche nach Maronen suchen…und war gefangen, ab gings in die Tragebox und dann in den WiWa. Dort angekommen, es war ja nun richtig hell, machte er sich an die Untersuchung der neuen Umgebung, er fand sofort seine Schwester Tara und Kumpel Malbec, die zwischenzeitlich ebenfalls den Mut gefunden hatten, und dann gabs kein Halten mehr. Tara und Paul schienen nicht unglücklich zu sein, Malbec verkrümelte sich bald zu Polli und Krick ins Häuschen, wo sie sich versteckt hielten. In den Minuten dort am Gehege war draußen ein toller Trubel, die ehemaligen Bewohner des Geheges gaben sich dort ein quirliges Stelldichein an der Außenfutterstation, Luisao und Moritz haben uns offenbar erkannt und begrüßten uns kurz.
Später dann wieder heimwärts, Triesel bekam nun ein wenig Ersatz für die entgangene Zuwendung – sie erholt sich von Tag zu Tag mehr, hält den Kopf nur noch ein wenig schief, bewegt sich gern und macht einen tollen Eindruck, und ein freundliches Wesen ist sie immer noch. Umso schwieriger, einen Weg für sie zu finden…in einen Käfig möchten wir den kleinen Quirlie nicht geben, unser Außengehege ist belegt, raus kann sie ganz sicher noch nicht, und ein Gesellschaftshörnchen könnte sie auch gut vertragen, damit sie sich nach überstandener Krise nicht zu sehr auf uns fixiert. Hm, das wird spannend. Ein paar Tage gehts noch so, aber Anfang nächster Woche sollten wir einen Plan haben.
Leider sind die Fotos vom Umzug nicht so toll geworden, dafür war in unserer Ecke hinter der Waldschule zu wenig Licht, da liefern wir sicher noch was nach.

08.06.2021

Heute haben wir das Gehege für die Umsiedlung der fünf aus unserem Wohnzimmer vorbereitet, das sieht alles prima aus. Kopfschmerzen bereitet uns lediglich, wie wir heute Nacht die Kandidaten transportfähig bekommen, leider meiden sie fast alle bis auf Malbec die Schlafhäuschen, bei denen wir nur die Klappen vor die Luken machen müssen. Blöderweise ist es auch noch richtig warm, da haben die Damen und Herren noch weniger Lust, sich zu mehreren in ein Häuschen zu legen und wir werden auch kaum schlafen können, wir bleiben ja dann im Wohnzimmer um mitzubekommen, wann Ruhe einkehrt und vor allem wo alle nächtigen. Vermutlich müssen wir die eine oder den anderen mit dem Kescher fangen und auch mehrmals fahren.


Unser Trieselchen macht Riesenfortschritte, wir sind mittlerweile ziemlich überzeugt, dass sie es schafft. Ihr Rechtsdrall ist weg, den Kopf hält sie längst nicht mehr so schief wie noch am Freitag, sie bewegt sich ganz normal, also auch geradeaus und linksrum, und mit Schmackes. Sie springt sogar und ist richtig schnell unterwegs, nur klettern mag sie noch nicht. Aber sie hat ja noch Zeit, im Moment halten wir sie im Laufstall, allerdings kuschelt sie sich am liebsten in Steffis Hand, dort hat sie seit Freitag einige Zeit verbracht und sie wirkt richtig zufrieden, wenn Steffi sie wieder aufnimmt. Sie ist sehr lieb, kein bisschen unleidlich, Milch mag sie mittlerweile kaum noch, aber sie knabbert Baumnüsse und Butterkeks und andere Leckerlis. Urinstimulation braucht sie nicht mehr, heute Morgen haben wir noch eine Zecke in ihrem Schlaftuch gefunden.


Unsere frisch ausgewilderten Expfleglinge treiben sich noch in der Nähe des Geheges herum, heute Morgen haben wir Luisao gesehen, der sich ganz ungeniert einige Nüsse abgeholt hat, offenbar kennen die Hörnchen noch ihr altes Gehege, haben aber auch die Futterstation im Residentengehege entdeckt. So langsam sollten sie aber merken, dass der Eingansgbereich des WiWa kein gutes Revier für Hörnchen ist, deshalb werden wir die Futtergaben langsam reduzieren, damit sie sich weiter in den Wald bewegen.

07.06.2021

Gestern Mittag sind dann alle draußen, vielleicht war es ihnen ja suspekt, dass wir in der Nähe der Tür gewartet haben. Ist ein komisches Gefühl zwischen Erleichterung und der Sorge, dass sie draußen nicht zurecht kommen könnten. Es wimmelt förmlich vor Hörnchen, überall sieht man sie in den Büschen und Bäumen turnen, die Futterstationen an den Gehegen werden gut angenommen, die beiden neuen sind noch nicht entdeckt worden. Mary kommt nicht mehr nahe heran, sie flitzt aber auch nicht davon, wenn sie uns entdeckt. Wir bereiten schon mal das Gehege vor, vertrocknete Zweige raus, die alten und zerschlissenen Seile raus, Kobel reinigen, Futterschalen auch, was eben so anfällt. Zum Laufrad: das Video hat Reaktionen ausgelöst, das Laufrad ist nach innen nicht abgesichert, Hörnchen, die zur Achse hin aussteigen laufen Gefahr, von den Speichen verletzt zu werden. Zum einen sind Eichhörnchen von ihren Reaktionen und ihrer Mobilität her anders drauf als andere Tiere, wir haben das Treiben jetzt ausführlich beobachtet und zu keiner Zeit irgendeine knappe Situation oder gar einen Unfall gesehen, zum anderen haben wir im Moment ganz andere Prioritäten. Ein neues Rad oder eine Plexischeibe zur Abdeckung kommt, wenn wir die nächste Gruppe im Wald haben, jetzt sind einfach ganz andere Dinge wichtig, tatsächlich sind 24 Stunden manches Mal zu wenig, um ein Tagesprogramm unterzubringen.

Dann wieder ab nach Hause, dort wartet unsere Patientin, der wir eine Zecke entfernen, die wir jetzt erst entdecken. Und dabei hatten wir sie sehr gründlich abgesucht, eben weil sie so brav und ruhig war. Tara und Paul haben am frühen Abend noch Turnbedarf, das ist eher ungewöhnlich, um die Zeit sind sie lieber zurückgezogen für sich, vielleicht merken sie, dass wir viel unterwegs sind.

Am Montag morgen entdecken wir noch drei (!) weitere Zecken neben der Nase, die sitzen blöd, da kann man den Zeckenheber kaum ansetzen. Wir warten, bis sie wieder müde ist, dann werden wir wohl mit der Pinzette einen Versuch starten.

Vorher waren wir noch zu nachtschlafender Zeit im WiWa in der sicheren Erwartung, dort unsere 7 aus dem Gehege plus Mary plus weitere Hörnchen im Streit um die Futterstationen zu sehen, aber da waren wir wohl zu früh, die Tiere richten sich nicht nach unserem Dienstplan. Henni konnten wir beobachten, er war der erste, sonst haben wir noch aus der Ferne zwei gesehen, die wir aber nicht identifizieren konnten. Entweder sind sie gestern noch weiter in den Wald gezogen oder sie haben noch keine Not und schlafen gern länger.

06.06.2021

Am Sonntagmorgen sind wir kaum erfolgreicher als am Samstag: Türen auf und mit Hurra in die Freiheit…so läuft das nicht. Mit Mühe und Not geht Lui, zwei andere schnuppern mal an der Tür, dann gehts aber wieder zurück. Und dann kommt auch noch Henni, der gestern schon draußen war und die Nacht außerhalb des Geheges verbracht hat, und krabbelt wieder rein. Wie frustrierend. Bei 14 Grad und Sauerländer Landregen.

Nach mehr als zwei Stunden beschließen wir, das Feld zu räumen, die Türen offen zu lassen und später wiederzukommen, dafür müssen wir unsere Ausrüstung natürlich ins Auto bringen, sonst kann ja jeder Besucher dran, und so viel Vertrauen haben wir nicht…als wir das Auto beladen haben, sind nur noch Luisa und Moritz drinnen, die anderen haben die Gelegenheit genutzt. Vielleicht hat sie ja unsere Anwesenheit in der Nähe des Geheges gestört. Wir fahren wie geplant heim, dort haben wir auch noch einige Hörnchen zu versorgen, allen voran „Trieselliese“ mit dem Schädel-Hirn-Trauma, die gestern und heute Morgen gut gegessen und getrunken und gepinkelt hat und ein sehr freundliches Wesen ist. Wenn wir sie in die große Tragebox legen kommt sie sofort wieder herausgeschossen, allerdings ohne Rechtsdrall, sie hält nur noch den Kopf schief. Ein Fortschritt, ein gutes Zeichen. So ganz unwohl scheint sie sich bei uns nicht zu fühlen, vielleicht wirds ja was.
Die anderen im Wohnzimmer sind normal unterwegs, es fällt uns schwer, uns vorzustellen, wie sie im Gehege klarkommen und wie wohl die Auswilderung bei dieser Gruppe wird. Aber so weit ist es ja noch nicht.

05.06.2021

Heute Morgen wollten wir 3-4 unserer Gehegebewohner in den Wald entlassen…nur die wollten irgendwie nicht so richtig. Während Henni sofort zur offenen Tür kam, sich durch die Schleuse schnupperte und dann übers Dach von dannen zog, wollten die anderen nicht raus. Wir haben eine ganze Zeit gewartet bei offenen Gehegetüren, nach ungefähr 45 Minuten bequemte sich Luigi dann mal, das AI-Hotel zu verlassen, aber die anderen 5 waren auch noch 45 Minuten später nicht für die Freiheit zu begeistern. Maxi und Moritz haben zwar die offenen Türen wahrgenommen, Maxi war sogar ein Mal in der Schleuse, aber da fehlte wohl der Mut. Um 9 Uhr haben wir die Aktion abgebrochen mit dem Vorsatz, morgen einen weiteren Versuch zu starten, dann noch etwas früher und mit noch mehr Ruhe (wir hatten heute noch 2 Futterstationen in der Nähe angebracht, da war schon etwas ungewohnte Hektik), allerdings brauchen wir das Gehege für die anderen, d.h. wir öffnen dann auch die Kobel, damit es keinen Rückzug mehr gibt.

Mary haben wir auch gesehen genau so wie drei weitere wilde Hörnchen, da ist ein ordentliches Gedränge an den Futterstationen an den Gehegen und reichlich Unfrieden. Hoffentlich kommen die Beteiligten selbst auf die Idee, dass es weiter drinnen im Wald auch ganz nett sein könnte…


Seit gestern haben wir ein Notfallhörnchen mit einem „Triesel“, die kleine Eichkatze (knapp 5 Wochen alt, die oberen Schneidezähne sind gerade durch, keine sichtbaren Verletzungen, gut im Futter und absolut parasitenfrei) dreht sich immer nur rechtsherum im Kreis, also vermutlich Schädel-Hirn-Trauma, vielleicht von einem Unfall. Drei junge Burschen haben sie gefunden, das eigene T-Shirt zerrissen und aus dem Papiercontainer einen Pappkarton besorgt, damit sie das Tier transportieren konnten. Toller Einsatz, das Tier hat sicher eine Chance verdient, obwohl die Aussichten erst einmal nicht so toll sind. Die TÄ hat Cortison und Stärkungsmittel gespritzt, nun heißt es warten und auf Besserung hoffen. Die Kleine trinkt und pinkelt gut und ist absolut friedlich, offensichtlich merkt sie, dass sie auf support angewiesen ist. Wir geben ihr jetzt Ruhe, die Nacht hat sie schon mal überlebt, schaun wir mal, was Anfang der Woche so geht, ob eine Besserung zu bemerken ist.