27.04.2021

Wir sind in den letzten Tagen kaum zum Durchschnaufen geschweige denn zum Schreiben gekommen…die sieben im Wildwald sind mit der Gesamtsituation immer noch nicht ganz zufrieden, tauen aber schon (im wahrsten Sinne des Wortes) ein wenig auf, d.h. wenn sie sich unbeobachtet fühlen, sind sie aktiv, toben durchs Gehege und balgen miteinander, sobald jemand ans Gitter kommt, gehts husch husch in den Kobel. Heute morgen waren zumindest schon mal Luigi, Maxi und Moritz bereit, sich ihren Gasteltern zu stellen, sie akzeptierten unsere Anwesenheit im Gehege und sprangen in alter Gewohnheit an die Kleidung und suchten in den vertrauten Jackentaschen nach Nüssen. Die anderen 4 schauten sich das lieber aus dem sicheren Versteck an, sie alle fressen aber und bewegen sich, nur Luisa haben wir bisher noch nicht so richtig gesehen, evtl. stellen wir die Wildkamera noch mal auf.

Die beiden daheim, Polli und Krick, geben uns einige Rätsel auf – sämtliches Vertrauen scheint verloren, wenn wir ihnen nahe kommen, also das Wohnzimmer betreten, sind sie blitzschnell verschwunden. Wenn wir lange genug reglos sitzen bleiben, kommen sie wieder hervor, bewegen sich aber nur noch ganz vorsichtig und immer mit Sichtkontakt. Abends hingegen nimmt Polli gern ihre Milch, aber nur, wenn sie in ihrem sicheren Kobel sitzt und ihre Nase durch den Eingang nach draußen stecken kann. Die beiden schlafen zusammen, sind tagsüber auch gelegentlich gemeinsam unterwegs, aber ein richtiges Duo sind sie nicht. Polli spielt gern ausgelassen mit und an den großen Stofftieren herum, Krick frisst hauptsächlich. Sein triefendes Auge scheint sich zu bessern, er macht auch sonst einen eher gesunden Eindruck, Polli ist fit und pfeilschnell unterwegs…die beiden sind schon besonders, aber leider nicht sonderlich anhänglich, obwohl doch gerade die beiden ihr Leben uns verdanken, in der Natur wären sie schon längst untergegangen. Wir geben ihnen die Zeit, die sie für eine sichere Umsiedlung ins Außengehege brauchen und werden uns weiter um sie bemühen, das ist doch klar

Gestern Abend erhielten wir auf unserem Hörnchenfon einen Anruf, der uns animierte, in Kürze unsere sämtlichen Webseiten noch einmal zu überarbeiten: eine Dame meldete sich bei uns und erklärte, sie suche ein Auswilderungsgehege für ein „fertiges Hörnchen“. Gefragt was sie denn damit meine, erklärte sie, sie habe ein ca. 14 Wochen altes Eichhörnchen, dass jetzt soweit sei und raus könne. Sie habe das Tier allein in einem Käfig im Keller bei eingeschaltetem Licht gehalten und bei schönem Wetter auch mal nach draußen geschoben, im Käfig habe sich ein Ast befunden, das Hörnchen habe also keine Langeweile gehabt. Uff. Wir bekommen den Gedanken an ein soziales und bewegungsaffines Junghörnchen in Einzelhaft in einem Kellerkäfig nicht mehr aus dem Kopf. Informiert, dass wir kein auf Menschen geprägtes Einzeltier in unsere funktionierende Gruppe in einem ohnehin schon recht knappen Gehege nähmen, wurde der Dame scheinbar erstmals klar, dass sie das eine oder andere nicht bedacht hatte, als sie das Hörnchen aufnahm: Hörnchen sollten niemals als Einzeltier gehalten werden, sie lernen sonst das typische Sozialverhalten des Jungtiers nicht und können nicht von den Artgenossen lernen und sich ausprobieren; einen Käfig finden wir für Eichhörnchen ohnehin nicht so toll, das ist aus unserer Sicht höchstens in Stationen praktikabel, die einen so hohen Durchsatz an Tieren haben, dass es organisatorisch anders gar nicht geht. Da sind dann aber auch in der Regel gute Außengehege vorhanden, in die die Kleinen dann können, sobald sie selbst Urin absetzen können. Ein 14-Wöchler ist reichlich spät auf seinem Weg ins Außengehege und vermutlich zu alt, um sich in eine neue Gruppensituation einzufügen, das Tier müsste ja schon bald in den Wald. Und ein Tier in einem Keller bei Dauerkunstlicht zu halten, wo es nun mal so gar keine Reize erhält…und außerdem sollte jede Person, die ein Pflegehörnchen aufpäppelt (und es sollten schon mehrere gleichzeitig sein), sich schon zu Beginn darüber im klaren sein, wo das Tier denn mal hinsoll, wenn es groß genug ist.

Also: Hörnchenpäppeln bedeutet nicht nur, kleinen schnuckeligen Tierchen mit der Milchspritze das Leben zu retten sondern auch, einen Plan zu haben, wie es für sie weitergeht. Wir entfernen sämtliche Hinweise darauf, wie man Hörnchen päppelt, von unseren Seiten und verweisen nur noch auf die dringend notwendige Erstversorgung mit anschließendem Anruf bei einer der Notfallnummern.